Irgendwie passt das ja schön in die Reihe über 'Experten' und deren Ahnung in der Praxis (3,4).
Angefangen hat es damit, daß ich gegenüber einem Freund in Amerika geprahlt habe wie gut doch das öffentliche Wesen in Old Europe noch funkioniert. Da wollte ich noch nebenbei die Zahl der Stadtbüchereien in München ablassen ... Und dann da. Na gut, wenn die reichlich versteckt angebrachten Menüs alles andere als hilfreich sind, dann probiert man es mal mit der Suchfunktion - erstmal finden vor lachen. Zwischen all den Buttons, die eigentlich nur Links sind (5,6,7), ist da garnicht so einfach, doch, da, recht versteckt, ein winziges Eingabefeld mit einem noch viel kleinerem Grau in Grau gestalteten Ausfüren-Knopf. Also 'Bücherei' eingegeben - nix, d.h. eine Liste mit verschiedenen PDFs, aber kein brauchbarer Link ... na ja, vieleicht Stadtbücherei - nix ... dann Stadtteilbücherei ... immernochnixsackelzement. Inzwischen schon langsamm richtig sauer schau ich auch mal über die Zeile SUCHERGEBNISSE (*8). Und ja, da in dem Bereich wo normalerweise das Blah und irgendwelche Werbung steht (*9), liest man neben einem Bild (*10) dann Muenchen.de empfiehlt: Münchens Bibliotheken Informationen, Adressen, Öffnungszeiten. Wer kommt denn auf so etwas? (*11)
Jetzt standen zwischen mir und den Informationen nur noch eine weitere Seite mit Übersichtsinfo und einem winzig keinen, kaum zu sehenden weiter-link unter einer der (Post-)Adressen (*12). Aber auf Muenchner-Stadtbibliothek.de schaut's auch nicht besser aus. Will man so etwas einfaches wie die Zahl der Büchereien, oder der Stops der Bücherbusse erfahren geht das Gesuche wieder los. Scheinbar logische Folgen wie Service & Information -> Unser Angebot für sie führt zu Lernen Sie Ihre Bibliothek kennen!, wo dann Kurse zur 'Informationskompetenz' angeboten werden.
Gefunden hab ich's dann unter Bibliotheken & Archive -> Fahrbibliotheken, wobei, zuerst sah es auch eher aus wie ein Fehlschlag, kommt doch ein netter Text, der etwas zu den Bücherbussen erzählt, aber nix von den Haltestellen oder so. Aber halt, da ist ja ein kleiner Link: 75 Schulen, vieleicht führt der weiter. Und ja, es kommt eine Liste der Haltestellen der 'Junior-Busse'. Und die normalen ... Ja jetzt wird es offensichtlich, diese kleinen hellgrauen Txte am linken Rand wechseln die Farbe von Hellgrau zu Graurot! Ein Menü wurde gefunden! Warum dann da aber Routenplan und nicht einfach Haltestellen/Standorte steht ist wohl nur dem Spezialisten eingängig (*13).
Hier wurde wieder mehr wehrt auf Java und Klickibunti (oder besser Klickigraui) gelegt, als darauf die zweifelsohne vorhandenen Informationen auch auffindbar zu gestalten. Von Sehbehinderten ganz abgesehen, Java, die (über)gemäßigte kleinschreibung, und die winzige Schrift (Mittelgrau auf einem Hellgrau/Weis gemusterten Hintergrund (*14)), sind sichere Kandidaten, dafür zu sorgen daß Suchende die Seiten schnell wieder (frustriert) verlassen. Es ist nunmal so, daß man, wenn man sucht und nicht findet, man nicht noch mehr Zeit verschwendet. Klar, wer zu den Stammkunden gehört, oder Zeit im Übermaß hat, der sucht auch weiter, der klickt den ganzen Site ab, aber die tun das auch bei egal welcher Struktur. Der der aber zum ersten mal da ist, vieleicht glatt weil er ein neuer Kunde werden will, der wird da ganz schnell von der Idee abgebracht vieleicht mal eine der Büchereien zu besuchen.
Auch das ist einer der Gründe warum ich mich über daß Thema so aufregen kann. Hab ich doch auch dafür gestimmt, daß die Anzahl der Büchereien nicht weiter verringert wird. Es ist letztendlich auch mein Steuergeld, das ich dafür verwendet sehen will ... Informationsseiten wie diese sorgen aber eher dafür daß sich die deprimierenden Statistiken, die den Niedergang der Büchereien vorhersagen, sich auch bestätigen.
Man sieht, auch wenn die Stadt auf Linux wechselt, und die Webseiten jetzt schon von Linux serviert werden, bedeutet das noch lange nicht, daß die Seiten auch vernüftig aufgebaut sind.
Ich schätze selbst die von XTaran bei Bluephod gefundene USB-Waage kann das nicht aufwiegen. Obwohl, endlich mal ein Geschenk, das der Geek seiner Freundin machen kann, wo beide Spaß mit haben, wird doch die Welt nicht nur dank SCO immer trauriger (*15), sondern auch GPL-Dogmenreiter (*16) tun ihren Teil dazu.
Wollen wir mal einen der letzten existientialistischen Philosophen von Heute das Schlußwort überlassen:
Ein kluger Mann hat mal gesagt, daß die Hölle die anderen sind, immer denke ich es kann nicht schlimmer kommen und dann ... Doppeloberriesenmist.
P.S.: Das letztwöchige WzS war übrigens der 7500ste Artikel auf Symlink! Ein kleines Jubiläum. Wer hätte sich das damals gedacht.
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*1 - Ich wohne in der Au, nur einen Steinwurf weg vom Gärtnerplatz, da krieg ist das sowiso Live mit.
*2 - Wobei ich immer noch nicht verstehen kann wrum überhaupt jemand so einen depperten Eurokrug mitgehen lassen will.
*3 - Gleich mal vorneweg: Daß Muenchen.de jetzt mehr einem Komerzssite der möglichst-viele-Links-die-Geld-bringen Klasse entspricht ist nicht das Thema. Daß da die Ausrichtung völlig daneben ist, ist ja offensichtlich. Wenn man Muenchen.de eingibt, dann will man auch Infos von und über die Stadt, und nicht die Werbung derer, die am meisten Zahlen, selbst wenn das Produkt mit München genauso viel zu tun hat wie Fußpilz. Wen wundert'S bei (c) 2004 Portal München Betriebs-GmbH & Co. KG. Ein Service der Landeshauptstadt München, der Stadtsparkasse München, der Stadtwerke München GmbH, der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern sowie der Handwerkskammer für München und Oberbayern. Aber jetzt heisst es eh wieder, daß der Raffzahn nur sein textbasiertzes Web wieder haben will, aber wenn die Stadt sich schon wie eine Hure gebiert, warum dann auch nicht gleich die leeren Stellen auf Polizeiuniformen als Webeflächen vermieten, und in den Rotphasen der Ampeln Werbebotschaften per Laufband anzeigen? Nein, hier geht es nur mal um die wirklich mangelhafte Gestaltung, neudeutsch Jusabillitie.
*4 - Nett auch das Author-Metatag: "nicht entfernen - nichts hinsenden rudi.aarlt@ems.muenchen.de a-anna.nass@muenchen.de zzank.apfel@muenchen.de"
*5 - Und latürnich auch Links die Buttons sind.
*6 - Ein Freund hat mich dann darauf hingewiesen, daß Muenchen.de auch in der aktuellen c't (Heft 18/2004, S. 186 - Web-Design: Behindertengerecht gestalten) als Musterbeispiel genannt wird: 400 ineinanderverschachtelte Tabellen! Dafür ist der Moz dann aber richtig schnell beim darstellen.
*7 - Ach ja, genau, müßen nicht neue Sites bereits behindertengerecht sein, und alte bis 2006 umgestellt? Da ist das neue 'Portal' irgendwie kontraporduktiv.
*8 - Ist nicht ganz so schreierisch wie es aussieht, die Großbuschstaben werden durch ein freundliches Hellgrau abgemildert.
*9 - Wenn ein Site schon ein Werbeportal ist, oder zumindest so daherkommt (siehe *1), dann muß davon ausgegangen werden, daß das Leseverhalten auch so ist.
*10 - Wahrscheinlich soll es ein fröhlicher Ausleiher sein, der mit der Dame hinter dem Tresen scherzt, aber mir schien es in diesem Moment mehr wie ein wütender Wanninger, der gerade zwischen den Seiten umhergejagt wird, und besage Dame jetzt niedermacht.
*11 - Daß hierzulande jeder von Bücherei redet, die Stadt daß in 'Bibliothek' umbenennen muß ist auch so ein typischer Fall wo der Wunsch was 'Besseres' zu sein Blüten treibt.
*12 - Jetzt war überigens sichtbar, daß die Büchereien unter Rathaus -> Kulturreferat -> Bücher & Bildung -> Münchner Stadtbibliothek zu finden waren, gleich zwischen Monacensia und Volkshochschule.
*13 - Als Trambahnfähn ist mir natürlich klar, daß die Verkehrsbetriebe, die die Busse betreuen von einem Routenplan reden, aber der ist normalerweise nach Strecke und Zeit sortiert, auf der Seite sind aber (sinnvollerweise) die Haltestellen in alphabetischer Reihenfolge, nach Stadtteil gelistet.
*14 - Ich hab, glaub ich, schon mal gesagt, daß ich CSS für einen wirklich würdigen Nachfolger des MS-Font-Tags halte? Ehrlich, so einfach (und unter Designern akzeptiert) wie heute war es nie, besch...eidene Seiten zu erstellen.
*15 - Es wird ja schon von einer SCO-Abhängigkeit der Geeks geredet.
*16 - Jetz mal ehrlich, auch wenn der jetzige Stand von Linux sich niemand erträumt hätte, letztendlich ist es immer noch ein Dreckfleck im Vergleich mit Wintel. Solange Hersteller es sich erlauben können den Mac-Markt links liegen zu lassen (und daß sind Leute, die auch gerne mal einen Hunni für eine Tastatur zahlen), solange hat Linux erst recht keine Marktmacht, die man erfolgreich zur Erpressung verwenden kann. Alles was bisher ereicht wurde wurde dank des Entgegenkommens der Hersteller erreicht. Aber so ist es eben, man beisst gern die Hand die einen streichelt.
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