Hallo,
Nachdem bisher niemand etwas in dieser Rubrik geschrieben hat, dokumentiere ich mal kurz meine ersten Erfahrungen mit DeLiLinux 0.3.
Zielsystem ist ein Pentium I mit 90 MHz, 64 MB RAM und 2 GB SCSI Harddisk. Auf den Rechner soll eine schlanke Desktop-Distribution, die mit den geringen Ressourcen auskommt und dabei noch einigermassen komfortabel ist. Der Rechner wird demnächst einer Grundschule geschenkt werden. Dort wird er zum Schreiben einfacher Texte, für WWW-Zugang und E-Mail genutzt werden.
Der Kern von DeLiLinux ist eine Slackware, und dessen Grundinstallation setzt ein gewisses Grundwissen über Linux voraus. Wenn man mit Tools wie fdisk, mount, chroot und lilo umgehen, verursacht sie aber keine größeren Probleme -- bis zum ersten Booten des frisch installierten Slackware-Minimalsystems von Festplatte.
Der Versuch, mit den Tools delisetup oder setup irgend welche Pakete zu installieren, schlägt fehl, da wichtige Menüpunkte, die im Original Slackware-Setup normalerweise vorhanden sind, fehlen. Mit Hilfe von pkg ist es aber möglich, einzelne Pakete aus dem deli-Verzeichnis von Hand zu installieren. Die Pakete sind einfache .tgz Archive. Abhängigkeiten zu anderen Paketen sind zwar in den beiliegenden .txt Dateien dokumentiert, werden aber nicht automatisiert beachtet. Back to the roots...
Die Paketauswahl ist relativ gering, umfasst aber alles Wesentliche für ein Desktop-System. XFree-3.3.6 wird mit XF86Setup geliefert. Die wichtigsten Accelerated Server sind dabei, ebenso die eine Reihe von Window-Managern. Ich entscheide mich für xfce3, dessen Nachfolgerversion 4 mir schon von diversen aktuellen Debian- und RedHat Systemen bekannt ist.
Trotzdem wird nach der Konfiguration von XFree86 und Eingabe von startx erst mal der gute alte twm gestartet. So spartanisch wollte ich es nun auch wieder nicht... der zu startende Windowmanager ist hart in einer Konfigurationsdatei codiert, die unter /usr/X11R6/lib/X11/xinit liegt - nicht wirklich Filesystem-Standard konform.
Nach der Änderung dauert der Start von X11 erheblich länger. Grund ist vor allem ein Desktop-Hintergrundbild. Nachdem ich das entfernt habe, ist die Startzeit erträglich. Leider startet xfce ungefragt ein zweites Panel; und wenn man das falsche beendet, beendet sich auch der Windowmanager wieder. Nachteilig ist auch, dass die meisten im Panel zur Verfügung gestellten Programme gar nicht Bestandteil von DeLiLinux sind. Ohne manuelle Nacharbeit durch einen erfahrenen Admin wird das System einem unbedarften Benutzer keinen Spass machen.
Der Browser dillo macht auf den ersten Blick einen sehr guten Eindruck. Der Start geht schnell - kein Wunder, das Binary ist gerade mal 300 KB groß. Auch das Navigieren auf HTML-Seiten ist sehr flott. Dass dillo die meisten Font-Tags ignoriert, empfinde ich als sehr positiv. So werden sämtliche Seiten mit einem angenehm lesbaren, serifenlosen Zeichensatz dargestellt. Leider hat dillo mit etwas komplexeren Websites, wozu auch Symlink und www.spiegel.de gehören, gewisse Probleme. Schwerwiegendster Nachteil ist aber, dass er mit HTTP Basic Authentication nicht zurecht kommt.
Obwohl DeLiLinux ein Desktop-Linux System sein soll, wird ungefragt ein SMTP-Server und ein NNTP-Server installiert. Das ist suboptimal, zumal beide Dienste in ihrer Grundkonfiguration nicht funktionsfähig sind. Ebenso werden per Default der Portmapper und ein Printer Daemon gestartet. Der mitgelieferte SSH-Server funktioniert dagegen nicht, bevor man von Hand die entsprechenden Public Keys generiert hat.
Unter dem Strich ist DeLiLinux eine interessante Desktop-Distribution für schwachbrüstige Rechner. Der große Vorteil ist der geringe Plattenplatzverbrauch und die für die Grundinstallation benötigte Zeit. Bevor allerdings ein rundes, auch von unerfahrenen Benutzern bedienbares System herauskommt, ist noch einiges an Nacharbeit nötig.
Harald Weidner, hweidner at gmx dot net
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