Vorne an einigen Einkaufswagen war ein kleiner grauer Kasten mit einer LCD Anzeige. Noch nie vorher gesehen, also sofort untersucht. Scheinbar ein Informationssystem ... Und direkt hinter dem Eingang ein Staender mit einem LCD Schirm auf dem was von 'Jolli Trolli' und Gewinnen stand.
Gleich vorneweg, es hat nicht funktioniert. Scheinbar wird die Einführung gerade erst vorbereitet. Auf dem Kästchen stand 'Super Market Media Ag Infoboard' sonst nichts - und der Ständer war auch nicht informativer. Nur 2 langweilige Werbeseiten ohne jeden Informationsgehalt (Viele Leute haben gestopt und geschaut, sind dann aber verwirrt weitergezogen - schaut nach einer verpassten Chance für den Markt aus) - Einzig der Name (diesmal mit Adresse, Lindberghstraße 6; D-82178 Puchheim, und Telephonnummer) tauchte auf einem kleinen Aufkleber nochmals auf.
Also nochmals das Kästchen genauer angeschaut. Auf der Oberseite war ein Klarsichtausschnitt mit 4 IR Empfangsdioden und 2 Sendedioden. Also wird das Kerlchen per IR Sender mit Daten gefüttert, welche er anzeigen kann, und kann auch wieder Rückmeldungen geben. Entweder passiert das einmal, wärend die Wagen warten, oder dauernd beim Rumlaufen. Ein dauernder Update ist natürlich top, dann kommen die Sonderangebote vom Metzger auch wenn man gerade an der Fleischtheke vorbeigeht. Folgerichtig hab ich beim Einkaufen Hans-Guck-in-die-Luft gespielt und nach IR Sendern gesucht. Fehlanzeige - entweder waren die saugut getarnt, unwarscheinlich bei offener Installation auf der Betondecke, oder noch nicht installiert. Bohrende Ungewissheit plagte mich...
Wieder daheim schnell im Netz gesucht, und schon hatte ich die Homepage der Super Market Media. Es lebe das Netz. Das Infoboard scheint das Produkt der SMM zu sein. Und mit den dort vorgefundenen Grobinformationen ergibt sich ein schlüssiges Bild der Werbeberieselung und Überwachung. Das Infoboardsystem soll:
- Punktgenau Werbung machen
- Laufstudien erstellen
- und Frequenzanalysen bieten
(Am Besten mal selbst auf den Seiten nachschauen. das POS-Lexikon vermittelt interessante Einblicke - Auch wie bescheuert es ist ein Layout mit festen Größen zu machen)
Dazu werden im ganzen Markt Sender/Empfängerkombinationen verteilt an der Decke montiert. Kommt nun ein Wagen in den Strahlbereich eines Senders, so erhaelt er die gerade aktuelle Werbebotschaft und zeigt diese dem Kunden an. Gleichzeitig sendet er seine Position ab, welche der Deckenempfänger an die Zentrale weitergibt, so das ein Kundenprofil erstellt werden kann. Die Ganze kommunikation erfolgt dratlos, was die Installation stark vereinfacht.
Offen ist auch die Frage der Stromversorgung der Infoboards - ich konnte auf die Schnelle kein Ladegerät entdecken. Waehre cool wenn das rein über das Infrarotlicht des Senders erfolgen würde, da dann keine alten Baterien oder Akus anfallen (Umweltschutz/Kosten), was ich aber anhand des Stombedarf des Displays kaum glauben kann. Für die Trackingfunktion alleine kann es reichen (Hab sowas ähnliches mal vor 20 Jahren für ein Identifikationssystem gebastelt). Dann müßten die Sender an der Decke aber IR Scheinwerfer haben beinhalten ... und die Kunden laufen bald rum wie norwegische Prinzessinen :)
Überhaupt: Der komplett drahtlose Aufbau eröffnet eine Reihe interessanter Hacks. Angefangen vom Einspielen von Botschaften in der schönen Nachbarins Wagen, bis zur übernahme des Funknetzwerks... Ich will ja garnicht erst anfangen, aber der Marktbetreiber freut sch garantiert ueber 1000 zusätzliche virtuelle Kunden, die wie wild rumrennen :)
Interessant an dem Modell ist übrigens das die Bestückung der Sender mit Ihren Werbebotschaften von einer SMM Zentrale aus erfolgt - d.h. der Markt ist auf konstante Zuleistung angewiesen. Klingt aus Anbietersicht erfolgversprechend, als Marktleiter würde ich mir aber über die mangelnde Kontrolle Gedanken machen.
Was mich interessieren wuerde ist ob das Erfassen von personenbezogenen Daten, wie der Weg den man geht, und die Sachen die man einkauft, überhaupt zuläßig ist ? Selbst wenn das anonym geschehen sollte, Durch solche Überwachungssysteme erhält die Datensammlung eine ganz neue Qualität. Bei klassischer Beobachtung des Käferverhaltens stehen die Beobachter im Raum rum und schauen wie die Kunden laufen, und/oder befragen einzelne Kunden offen nach ihren Einkäufen und Absichten. Hier wird aber der detailiete weg jedes einzelnen Kunden AUfgezeichnet, ohne das dieser sich wehren kann - der Verzcht auf einen Einkaufswagen ist in den seltensten Fällen möglich. Spätestens an der kasse (welche ja eine Vereinzelungsanlage darstellt) kann dann jeder Wagen genau einer Rechnung zugeordnet werden - der gläserne Kunde. Man muß garnicht soweit gehen und die prinzipielle Anonymität anzweifeln, immer mehr zahlen heute an eben dieser Kasse per Euroscheckkarte, und die ist alles andere als anonym. Ein Schelm der Daten verknüpft.
Mal sehen, wenn die Anlage in Betrieb geht gibts was zum Spielen - Es müßen ja nicht immer nur alte Rechner sein die Spaß machen (Nebenbei, wer noch einen Dolphin (oder jeden anderen alten Rechner) daheim hat, und den loswerden will, einfach melden).
P.S.: Gekauft hab ich außer Brot übrigens, fürnurnochDMerrEuro 2,50, ein elektronisches Geschicklichkeitsspiel zum selbst zusammenbauen - fast wie in alten Zeiten - der Impulskaufeffekt hat auch ohne Hightech zugeschlagen :)
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